Der Egel – Hirudo medicinalis

Der Blutegel gehört zur Gattung der Ringelwürmer und ist somit mit dem Regenwurm verwandt. Er existiert bereits seit 450 Millionen Jahren, weltweit gibt es etwa 600 bekannte Arten (die am häufigsten zu medizinischen Zwecken eingesetzte Unterart ist der Hirudo medicinalis). Er lebt im Süßwasser und kommt in Europa, Nordafrika und Kleinasien vor.

Egel sind gute Schwimmer und bewegen sich außerhalb des Wassers mithilfe ihrer beiden Saugnäpfe an den Körperenden fort. Der Saugnapf am hinteren Teil des Körpers dient nur zum Festhalten, der vordere Saugnapf beinhaltet die Mundöffnung. Egel haben am ganzen Körper, besonders an der Oberlippe, Thermo- und Berührungsrezeptoren. Mit ihnen können sie beispielsweise feststellen, wie stark die Haut des Wirtstieres an verschiedenen Stellen durchblutet ist.

Egel bei der Fortbewegung an Land

Egel ernähren sich ausschließlich von Blut. In der frühen Phase ihres Lebens dienen Fische und andere Kaltblüter als Wirtstiere, später ernähren sie sich vom Blut von Säugetieren, die zum Trinken an das Gewässer kommen. Die Egel halten sich meist in Ufernähe auf und werden durch die Bewegung des Wirts im Wasser angelockt. Sie können bis zu 30 Jahre alt werden und bis zu 2 Jahre von einer Mahlzeit leben.

Geschichte

Schon seit über 3000 Jahren wird der Blutegel für medizinische Zwecke genutzt. Vor allem im Mittelalter erfreute sich die Verwendung des Blutegels großer Beliebtheit. Ihren Höhepunkt erreichte die Therapieform im 19. Jahrhundert. Nach damaligem Stand der Wissenschaft betrachtete man Krankheiten als ein Ungleichgewicht der Säfte im Körper. Daher wurden alle möglichen Krankheiten mithilfe der Blutegel behandelt, um durch den erzielten Aderlass das Gleichgewicht der Säfte wiederherzustellen.

Heute wird diese Therapieform vor allem in der Naturheilkunde wieder häufig angewandt. Hierfür werden Egel in speziellen Egelfarmen in großen Teichen zum Teil gezüchtet. Der andere Teil stammt aus Wildfängen z.B. aus der Türkei oder Rumänien. Diese Egel kommen vor ihrem Einsatz am Patienten in den Egelfarmen in 32-wöchige Zwischenhälterung um eine Belastung mit Viren auszuschließen.

Wirkung

Die Therapie mit Blutegeln wirkt wie eine milde Form des Aderlasses und zählt somit zu den Ausleitungsverfahren. Der Biss des Egels ist vergleichbar mit einem Bremsenstich oder der Berührung mit einer Brennnessel. Hat der Egel sich erst einmal mit seinen Zähnen in die Haut gesägt und fängt an zu saugen, spürt man ihn in der Regel nicht mehr.

Der Speichel des Egels (Saliva), der während des Saugvorgangs in die Wunde abgegeben wird, ist voller Wirkstoffe. Durchblutung und Lymphfluss werden gefördert und Thromben können aufgelöst werden. Abgesehen davon wirkt er schmerzstillend und entzündungshemmend. Acht der enthaltenen Wirkstoffe sind bis heute erforscht, man nimmt allerdings an, dass die Saliva weit mehr Inhaltsstoffe enthält.

Die schmerzstillende Wirkung kann mehrere Monate lang anhalten.

Indikationen

● Arthrose/Arthritis (Spat, Schale, etc.)

● Sehnenverletzungen

● Sehnenentzündung (Tendinitis)

● Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis)

● Fesselträgerschaden

● Hufrehe

● Hufrollenentzündung

● Hämatome

● Ödeme

● schlecht heilende Wunden

● eitrige/entzündliche Prozesse

● OP-Nachsorge (postoperative Narbenbildung)

● alte Narben

● Sattel-/Gurtdruck

● Ekzem

● Mauke

● Gallen

● Piephaken

● Stollbeulen

● Genickbeulen

● Patellaluxation

Die Behandlung

Nach einem ausführlichen Gespräch mit dem Besitzer über das Beschwerdebild wird individuell entschieden, wie viele Egel zum Einsatz kommen und wo sie angesetzt werden. Die zu behandelnden Stellen werden zuerst mit der Schermaschine und im Anschluss mit dem Rasierer von Fell befreit. Das erleichtert den Egeln das Beißen und dem Besitzer die Nachversorgung der Wunden.

Die Egel werden nun nacheinander an die vorbereiteten Stellen angesetzt und verbleiben dort, bis sie vollgesaugt sind, hierbei nimmt jeder Egel bis zu 50ml Blut auf.

Während des Saugvorgangs wird das Blut vom Egel direkt eingedickt und die wässrigen Bestandteile (Plasma) werden über die Haut ausgeschieden. Somit trocknet der Egel während der Nahrungsaufnahme nicht aus. Ist der Saugvorgang beendet, lässt sich der Egel einfach fallen, das kann bis zu 90 Minuten dauern. Vorzeitig abnehmen sollte man die Egel keinesfalls. Das könnte dazu führen, dass sie sich in die Wunden erbrechen und diese sich daraufhin entzünden.

Egel während des Saugvorgangs

Für die gesamte Behandlung inklusive Vorgespräch und Vorbereitung sollten mindestens 2,5 Stunden eingeplant werden.

Je nach Art und Schwere der Erkrankung kann es sinnvoll sein die Behandlung nach einiger Zeit zu wiederholen.

● Bei akuten Beschwerden sollte die Behandlung in kurzen Intervallen von 1-2 Wochen wiederholt werden.

● Bei chronischen Beschwerden können situationsbedingt weitere Behandlungen sinnvoll sein um die erzielten Behandlungserfolge zu erhalten.

Am 28.01.2022 ist das neue Tierarzneimittelgesetz in Kraft getreten. Hierin wird unter anderem geregelt, dass die Durchführung einer Blutegeltherapie am Tier nur noch nach tierärztlicher Verschreibung möglich ist. Sprich mich hierzu einfach an.